Zur Historie des Wasserturms
Ein Beitrag von Lotte Hermann, Oktober 2008
Das Dorfbild können wir uns heute nicht mehr ohne dieses Wahrzeichen vorstellen.
Erst mit dem Bau des Turms war ab 1958 die Wasserversorgung in Thomashardt gewährleistet.
Seit 1996 ist der Turm durch die künstlerische Gestaltung von Angie und René Heinze zu einem Juwel geworden. Ein Mosaik mit überlaufenden Tropfen kündet weithin sichtbar von der Kostbarkeit des Wassers und zugleich auch davon, dass Lichtenwald ein Ort der Kunst ist. Am 4. Oktober 2008 haben wir mit einem Lichterfest den 50. Geburtstag und 12 Jahre Kunst am Bau gefeiert.
Eine besondere Geburtstagsüberraschung: Im Rahmen einer SWR1- Hörerumfrage wurde der Turm am 21. Oktober 2008 als „Schönster Wasserturm in Baden-Württemberg“ gekürt!
Von Erzählungen und von Fotos ist bekannt, dass an dieser Stelle zuvor ein Feuersee war, hinter dem sich Streuobstwiesen erstreckten. Der See war im Sommer ein Eldorado für Hunderte von Fröschen. In lauen Sommernächten mussten die Dorfbewohner die Fenster schließen, weil lautes Quaken die Luft erfüllte.
Die Wasserversorgung hier oben auf dem Berg war vor Wasserturmzeiten ein richtiges Problem, war doch der Wasserdruck völlig unzureichend. Dass die Wassernot in dem heißen Sommer anno 1947 richtig schlimm war, weiß Fritz Graser noch gut. Weil die Quellen fast ausgetrocknet waren, fuhr sein Onkel regelmäßig mit dem Schlepper und einigen Fässern auf dem Anhänger nach Baiereck. Dort befand sich in der Dorfmitte ein Brunnen, der gutes Wasser spendete. Fürs Vieh wurde Wasser aus einer Quelle in der Nähe des Geigerbachs geholt. Nach diesen Erfahrungen wurde das „Pumphäusle" errichtet. Die Versorgung wurde dadurch, so Fritz Graser, ein „bissle" besser, war aber bei weitem nicht ausreichend.
Daran kann sich auch der Malermeister Fritz Roos gut erinnern. Wenn in seinem Elternhaus, das wohl über eines der ersten Badezimmer von Thomashardt verfügte, der Badeofen angeheizt war und sich die ganze Familie aufs damals übliche wöchentliche Baden freute, konnte es oft vorkommen, dass das Wasser nicht aus dem Hahn floss, sondern nur leicht tröpfelte. Die Mutter schickte in solchen Fällen den damals noch kleinen Fritz zum Pumpmeister Gotthilf Muff nach Hause, der machte sich auf den Weg zum Pumphäusle (zwischen Brühlweg und Kläranlage) und pumpte Wasser hoch. Dann erst konnte die Mutter das Wasser einlaufen lassen. Mit solchen und ähnlichen Vorkommnissen waren die Menschen im Dorf häufig konfrontiert.
Die Situation verschlimmerte sich, als diese Pumpstation aus Gründen der Wasserreinheit nicht mehr betrieben werden durfte. Der damalige Bürgermeister Haller hat an vielen Stellen nach Wasser gesucht und suchen lassen, tiefe Löcher wurden gegraben - von Hand! Im Brühlweg wurde nach Wasser gebohrt und Wasser gefasst, im Wald nach Quellen gesucht.
Als dann im Bannmühlental eine Pumpstation gebaut war, wurde von dort Wasser nach Hegenlohe und Thomashardt gepumpt. War das Wasserreservoir im Gänswasen voll, lief es über, der Bürgermeister wurde verständigt, dieser rief persönlich in der Bannmühle an und teilte mit, dass aufgehört werden kann zu pumpen. Nun konnten die Häuser wieder mit Wasser versorgt werden.
Dennoch, der Wasserdruck blieb zu gering und der Wasserbedarf wurde größer. Bürgermeister Haller hat mit seinen Gemeinderäten den Entschluss gefasst: „Ein Wasserturm muss gebaut werden!" Die Entscheidung wurde ganz schnell in die Tat umgesetzt. Lob und Anerkennungen gebühren Bürgermeister Haller samt seinen Gemeinderäten und dem zuständigen Architekten für diesen funktionalen und architektonisch ansprechenden Bau.
Der Turmbau zu Thomashardt war ein höchst interessantes Unterfangen. Fritz Haller hat erzählt, dass sehr zügig gebaut werden musste, weil vom Bauunternehmen Abele ein neues bautechnisches Verfahren angewandt wurde, das bestimmte Schübe innerhalb genauer Zeitabschnitte erforderte. Fritz Roos weiß noch gut, dass praktisch Tag und Nacht gearbeitet wurde, weil nass in nass gebaut wurde. Frieder Abele, der heutige Geschäftsführer der Bauunternehmung Abele aus Schorndorf, war damals sieben Jahre alt und hat noch sehr eindrückliche Erinnerungen an den Turmbau. Mit seinem Vater durfte er immer wieder die Baustelle besuchen. Er fand es aufregend, wie die Gleitschalung von allen Arbeitern gleichzeitig auf das Kommando des Poliers „Ond Jetzad!" von Hand bewegt wurde und wie sie ihn deshalb scherzhafterweise „Bärentreiber" nannten. Einmal, als der Bau schon fast abgeschlossen war, durfte der damals Siebenjährige zu seiner Freude im Fahrkorb außen am Turm hochfahren. Fast oben angekommen hielt der Korb an und der Polier rief in die Höhe „Der Strom ist ausgefallen. Du musst oben bleiben!" Der Schreck dauerte nur wenige Minuten, ist jedoch unvergessen. Auch ist ihm im Gedächtnis geblieben, dass er damals einen nie zuvor erlebten Fernblick hatte.
Viele Menschen aus der Bevölkerung haben den Turmbau begleitet und unterstützt. Ja und dann war es soweit. Der Turm stand. Die Pumpen und Wasserleitungen konnten in Betrieb genommen werden. Seitdem ist die Wasserversorgung in Thomashardt gewährleistet. Welch ein Gefühl muss es gewesen sein, als plötzlich zu jeder Tages- und Nachtzeit, bei jeder Wetterlage, sommers und winters, das Wasser mit gleichem Druck aus der Leitung kam. Für uns heute eine Selbstverständlichkeit. Aber für die damaligen Entscheidungsträger ein mutiges Unterfangen, das von vielen fleißigen Menschen mitgetragen wurde.
Funktionalität und der Sinn fürs Schöne waren bei diesem Turm von Anfang an gebündelt. Oben im Turm wurde eine große, von einer Fensterreihe umrahmte Plattform geschaffen. Hier oben, wo das traditionelle Turmblassen im Advent stattfindet, ist Platz für Besucher, die den Blick ins weite Land schweifen lassen wollen, um die Schönheit der Landschaft und der Natur zu genießen.
Damit den Besuchern die Orientierung leichter fällt, hat sofort nach der Baufertigstellung der damalige Schulleiter Erich Kick zusammen mit dem Malermeister Fritz Roos ein wunderbares Panoramabild geschaffen. Viele ungezählte Stunden haben die beiden hier oben gestaltet und gemalt. Matthias Kick hat erzählt, dass er als kleiner Junge von seiner Mutter oft losgeschickt wurde, um den beiden Kunstmalern ein Vesper und was zu trinken zu bringen, weil sie wieder so lange zusammen auf dem Turm waren. Die Arbeit hat sich gelohnt: Noch heute freuen wir uns an diesem richtungsweisenden Rundbild und danken posthum dem Schulleiter Erich Kick und ganz direkt und von Herzen dem Malermeister Fritz Roos.
Kunst am Bau schmückt unseren Wasserturm seit 1996. Vor zwölf Jahren, als die Renovierung des Wasserturms anstand, hat das Künstlerehepaar Angie und Rene Heinze dem Turm ein Kleid aus Mosaiksteinen verliehen. Die überlaufenden Tropfen sind golden gefasst und symbolisieren damit die Kostbarkeit des Wassers. Der 33 Meter hochaufragende Turm ist damit zu einem visuellen Glanzlicht geworden und kündet weithin sichtbar davon, dass Wasser eine kostbare Lebensgrundlage ist. Er macht auch sichtbar, dass Lichtenwald ein Ort ist, an dem Menschen, Natur und Kunst eine erfrischende Symbiose eingehen.
Viele Voraussetzungen mussten gegeben sein, dass diese Vision Wirklichkeit werden konnte. Die Künstler hatten der Bürgermeisterin Lucia Herrmann und dem Gemeinderat den Vorschlag zur künstlerischen Gestaltung unterbreitet und waren damit auf Interesse gestoßen. Im Rahmen der großen Lichtenwalder Kunst- und Hobbyausstellung am 8.10.1995 in der Gemeindehalle präsentierten Heinzes ihr Wasserturmmodell mit den Mosaiktropfen. Die Bevölkerung war begeistert! Das Projekt Kunst am Bau konnte durchgeführt werden, dank des großen Engagements von Angie und Rene Heinze. Bei Sonne, Wind und Regen standen die Künstler auf dem Gerüst. Rund 30.000 Mosaiksteine wurden von ihnen und ihren beiden Helfern von Hand verlegt. Das Projekt konnte auch durchgeführt werden dank der Bevölkerung, die bei der von Karin Heuberg durchgeführten Spendenaktion ihren Kunst- und Gemeinschaftssinn bewies und die Finanzierung schulterte, zusammen mit der großzügigen finanziellen und technischen Unterstützung der Firma Kiesel aus Esslingen.
Ein großer und sehr herzlicher Dank gebührt Angie und René Heinze dafür, dass sie unseren Wasserturm zu einem Kunstwerk gemacht haben, das zu einem Wahrzeichen unserer Gemeinde geworden ist.
Am 4. Oktober 2008 haben wir den Wasserturm in ein farbenfrohes Festtagskleid aus fließendem Licht gehüllt und den 50. Geburtstag und 12 Jahre Kunst am Bau gefeiert. Ein tolles Fest, das rund 800 Besucher aus nah und fern anlockte und begeisterte.
Und knapp drei Wochen später, am 21. Oktober 2008 kam noch die besondere Geburtstags-überraschung: Unser 50er wurde im Rahmen einer SWR1-Hörer-Aktion gekürt zum „Schönsten Wasserturm in Baden-Württemberg".
- Lotte Herrmann
Und so haben wir den 50. Geburtstag unseres Wasserturms gefeiert:
Zauberhaftes Nachtfunkeln in Lichtenwald
Fließende Lichtspiele, Musik, Kunstperformance zum 50. Geburtstag des Lichtenwalder Wasserturms am 4. Oktober 2008
Bericht von Lotte Hermann
Zum 50. Geburtstag umschmeichelte ein farbenfrohes Festtagskleid aus fließendem Licht den Lichtenwalder Wasserturm und setzte ihn in schönster Weise in Szene. Die rund 800 Besucher waren wie verzaubert von diesem ungewohnten Anblick und genossen das Fascinosum dieser Nacht.
Schon die Eröffnung der Funkelnacht hätte nicht schöner und passender geplant werden können. Von der Höhe des Wasserturms ertönte aus allen Fenstern die Wassermusik von Georg Friedrich Händel, schwungvoll intoniert von dem Lichtenwalder Posaunenchor unter Leitung von Matthias Kick. Zu späterer Stunde erfüllten die Bläserinnen und Bläser mit Swingklängen vom Turm die Luft und ernteten auch damit begeisterten Applaus.
Bürgermeisterin Lucia Herrmann begrüßte die vielen Gäste aus der Nähe und aus der Ferne und freute sich natürlich sehr, dass als Ehrengast die Staatssekretärin Karin Roth anwesend war. Die Bürgermeisterin erinnerte an die Entstehung der künstlerischen Gestaltung des Wasserturms durch das Ehepaar Angie und Rene Heinze. Mit dem Mosaikrelief in Tropfenform haben die Künstler ihn zu einem Wahrzeichen Lichtenwalds gemacht. In dieser Nacht wurde ihm Referenz von Menschen aus der Nähe und aus der Ferne erwiesen. Und als dann die Sterne und der Silbermond hoch am Himmel standen, als die Beleuchtung des Lichtdesigners Matthias Rapp an Intensität und Farbenpracht immer mehr zunahm, war dies die märchenhaft schöne Kulisse für eine interaktive Kunstperformance am Turm. Thomas Putze entschwebte in luftige Höhen, gitarrespielend und laut singend brachte er dem 50er ein ungewöhnliches Geburtstagsständchen am Seil dar. Und als dann der Feuerspucker Siegfried Märkl die Flammen lodern ließ, spürte niemand mehr die kalte Nachtluft.
Eines passte zum Anderen in dieser Nacht. Viele Menschen rückten sich näher. Die Lichtenwalder bewiesen wieder einmal ihren Kunst- und ihren Gemeinschaftssinn. Die kulinarischen Angebote der Kindergartenmütter waren so verführerisch, dass die Besucher gerne Kostproben aus verschiedenen Kellern und Küchen schlemmten. Viele Kinder schafften mit stimmungsvollen Dekorationen eine geheimnisvolle Atmosphäre: die Kindergartenkinder mit zauberhaften Tischleuchten und Kernzeitkinder mit selbstgebastelten Kürbisleuchten. Die Turmbesteigung war für die meisten Gäste ein freiwilliges Muss. Einmal nachts die Blicke über den Schurwald schweifen zu lassen, die vielen Lichter in der Nähe und in der Ferne zu sehen war einfach zu schön. Und natürlich war zur Orientierung das vor 50 Jahren von Schulleiter Kick und Malermeister Fritz Roos geschaffene Panoramabild ein wertvoller künstlerischer Richtungsweiser.
Im Turminnern waren die hochwertigen Kunstobjekte ausgestellt, die Angie und Rene Heinze zur Verlosung gespendet hatten. Riesengroß war die Freude der glücklichen Gewinner, als sie nächtens Froschkönig, Schrägen Vogel, Passionata und Spiegelmond in Händen hielten. Poesie bestimmte das tiefe Erleben, das Martin Pillwein mit seinem Lied vom Nöck erzeugte, das er sehr eindrucksvoll im Inneren des Wasserturms mit seiner herrlichen Singstimme erzeugte. „Es spielt der Nöck und singt mit Macht von Meer und Erd' und Himmelspracht ...“ Diese Zwiesprache zwischen Mensch und Natur in der Wassersäule mit der atemberaubenden Akustik wurde zu einem emotionalen Abschluss der Funkelnacht. Sehr ergriffen und Wunderkerzen abbrennend lauschten die Zuhörer, die sich die Wendeltreppe als Zuschauerraum erkoren hatten.
Die Intensität der Stimmung wurde unterstrichen von den faszinierenden Lichtspielen, mit denen der Lichtdesigner Matthias Rapp auch das Turminnere in eine Phantasiewelt getaucht hatte. „Offen der Himmel und freigelassen der Nachtgeist“ frei nach Hölderlin fasste vhs-Leiterin und Kulturbeauftragte Lotte Hermann die poetische Stimmung der Funkelnacht zusammen. Mit der Inszenierung und der Konzeption der Funkelnacht ist ihr ein faszinierend schönes Kulturfest gelungen, das zugleich eine glanzvolle Eröffnung des Lichtenwalder Kulturherbstes 2008 war, Sie dankte sehr herzlich all den vielen Mitwirkenden vor und hinter den Kulissen, und hob hervor, dass durch das Zusammenwirken vieler Beteiligter ein wunderbares Fest entstanden ist, so bunt und vielfältig wie das Mosaik am Wasserturm.
Lichtenwalder Kulturherbst 2008 "staunen wachsen sein"
Konzeption und Organisation: Lotte Hermann
Kulturbeauftragte und Leiterin der vhsARTlichtenwald (bis 31. 12. 2011)
ARTLichtenwald
Leitung: Gerti und Walter Grupp
07153 / 945599